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Kempener Burg: Mehrheit im Stadtrat ist für die Übernahme

Kempener Burg : Mehrheit im Stadtrat ist für die Übernahme

Der Kempener Stadtrat hat am Dienstagabend eine Grundsatzentscheidung über die Zukunft der Burg getroffen. Mit deutlicher Mehrheit beschlossen die Ratsmitglieder, dass die Kempener Stadtverwaltung mit dem Kreis Viersen verhandeln soll — mit dem Ziel, die Burg in städtisches Eigentum zu übernehmen.

"Mit der Zielsetzung, die Burg Kempen zu übernehmen, wird die Verwaltung beauftragt, die wesentlichen Inhalte des Übertragungsvertrages zu vereinbaren." So lautete die Beschlussvorlage, der bei der offenen Abstimmung 28 Ratsmitglieder zustimmten. Es gab 14 Gegenstimmen.

Der Entscheidung ging eine kontroverse Debatte voraus. Einzelne Ratsmitglieder aus den Fraktionen stellten die Ergebnisse der fraktionsinternen Beratungen vor. Doch zunächst erläuterte Bürgermeister Volker Rübo noch einmal sein Konzept einer "Bürgerburg": Im Erdgeschoss könnten Standesamt und Gastronomie untergebracht werden, in der ersten Etage die Volkshochschule als Ankermieter und im zweiten Obergeschoss ein kleines Burgmuseum und Vortragsräume. Diese Konzeption habe bereits den "Segen des Denkmalschutzes" erhalten, doch nach intensiven Überlegungen sei man zu dem Schluss gekommen, dass sie nicht mit der Stadt als alleiniger Eigentümerin realisierbar sei: Als Burgherr müsse man mit "erheblichen Aufwendungen" rechnen. Allein für den Austausch der Leitungsnetze, den Einbau eines Aufzugs und den Brandschutz sei man auf eine Investitionssumme von rund 9 Millionen Euro gekommen - und Überraschungen seien in einem 600 Jahre alten Gebäude immer zu erwarten. Die Übernahme der Burg werde die Stadt Kempen überfordern, so der Bürgermeister.

Joachim Straeten, Fraktionschef von Bündnis 90 / Die Grünen, rief den Rat dazu auf, sich zur Burg "zu bekennen, sie als Wahrzeichen zu erhalten und eigenständig weiterzuentwickeln". Man dürfe nicht nur auf die Kosten schauen, sondern müsse auch mögliche Einnahmen in Betracht ziehen. Am Ende komme es jedoch darauf an, die Übernahme der Burg "nicht nur in Euro und Cent zu bewerten, sondern mit Herz".

Für die CDU sprach Wilfried Bogedain von einer deutlichen Unzufriedenheit mit der Entscheidungssituation: Ohne belastbare Zahlen und Kosten-Nutzen-Analyse entscheiden zu müssen, bereite nicht nur ihm ein ungutes Gefühl. Die Bürger wünschten sich in ihrer Mehrheit eine offene Burg. Diesem Wunsch, dass die Burg in öffentlicher Hand bleibe, könne er sich anschließen, so Bogedain. Doch als Stadt in der derzeitigen Situation die alleinige Verantwortung für das historische Gebäude zu übernehmen, könne angesichts der Herausforderungen nur als "verantwortungslos" bezeichnet werden. Die weitere Entwicklung werde man intensiv begleiten und alles dafür tun, damit die Burg für die Bürger zugänglich bleibe: "Eine reine Wohnnutzung oder gewerbliche Nutzung durch Dienstleister werden wir nie akzeptieren."

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Irene Wistuba (FDP) sprach sich eindeutig gegen die Übernahme der Burg durch die Stadt Kempen aus. "Wir alle lieben die Burg, aber Liebe macht manchmal blind", so die Fraktionsvorsitzende. Wer die Burg übernehmen wolle, müsse sagen, welche anderen Projekte im Bereich Schulen, Kitas, Breitbandausbau, Sport und Soziales er dafür hintanstellen wolle. Wistuba warnte vor einer "Schuldenburg" anstelle einer "Bürgerburg".

Die Stadt solle zunächst ein tragfähiges Konzept entwickeln, forderte Andreas Gareißen für die SPD-Fraktion im Stadtrat. Am Ende habe man immer noch die Möglichkeit, einen Investor mit ins Boot zu nehmen, doch zunächst gelte es, das Heft in der Hand zu behalten und über die Entwicklung der Burg mitzubestimmen: "Wenn wir den Kreis den Investor aussuchen lassen, können wir das nicht." Die Burg dürfe man keinesfalls gegen andere Projekte ausspielen. Ohnehin werde in dieser Debatte bisher nicht bedacht, dass es für konservatorische Maßnahmen im Denkmalschutz Fördermittel des Landes NRW gebe, die man anzapfen könnte. Als Vorbild nannte Gareißen die Stadt Krefeld, die Kempen "in Sachen Erhaltung von Burgen und Schlösschen weit voraus" sei.

Günter Solecki (Die Linke) und Udo Kadagies (Freie Wähler) setzten sich in ihren Stellungnahmen ebenfalls für die Übernahme der Burg ein.

Hoch emotional war die Diskussion um die Zukunft der Kempener Burg schon in den vergangenen Wochen. Während sich Bürgermeister und Verwaltung gegen eine Übernahme aussprachen, kämpfen verschiedene Akteure dafür. Befeuert wurde die Debatte durch den Vorschlag von Bürgermeister Volker Rübo, die Burg nicht zu übernehmen. Als Begründung führt er die unabsehbaren Kosten an, die auf lange Zeit eine Belastung für die Stadtkasse darstellen würden.

Verschiedene Initiativen und einzelne Bürger meldeten sich mit der gegenteiligen Meinung zu Wort. So sprach die Bürgerinitiative "Denk mal an Kempen" von einem geringen Risiko, aber großen Chancen, sollte die Stadt Eigentümerin der Burg werden. Den Fragebogen der Initiative füllten 2346 Bürgerinnen und Bürger aus. 92 Prozent der Teilnehmer sprachen sich für eine Übernahme der Burg durch die Stadt Kempen aus. 41 Prozent stimmten dafür, dass die Stadt bis 2021 verschiedene Modelle erarbeiten und dann nochmals über Kauf oder Verkauf entscheiden solle.

In der vergangenen Woche hatte sich auch der ehemalige Kempener Bürgermeister Karl Hensel für die Übernahme der Burg durch die Stadt Kempen ausgesprochen. Die Stadt dürfe sich ihrer Verpflichtung nicht entziehen, die Burg als Denkmal und Wahrzeichen Kempens zu erhalten. Hensel schlug vor, auch den Kreis Viersen in die Pflicht zu nehmen, der die Stadt in dieser Angelegenheit nicht "im Re­gen ste­hen las­sen" dürfe. Er erinnerte daran, dass der Kreis "sei­ne Ein­stands­pflicht für die Burg und de­ren Nut­zung aus­drück­lich be­kräf­tigt" habe.

Das Ehepaar Wolters, in der Kempener Kultur engagiert und lange Zeit als Stadtführer aktiv, appellierte ebenfalls an die Politik, die Verantwortung für das historische Gebäude zu übernehmen. Von einer "übereilten, noch gar nicht notwendigen" Entscheidung war die Rede.

Bereits vor Wochen hatten sich die Kempener Fraktionen der SPD, der Freien Wähler und Bündnis 90 / Die Grünen für eine Übernahme der Burg eingesetzt und positioniert, während sich die CDU schwer damit tat, eine einheitliche Linie zu finden.